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Ein freies Betriebssystem für alle: Wie Linus Torvalds die IT-Welt ein Stück besser machte

34 Jahre LinuxHeute vor 34 Jahren wurde auf einen finnischen FTP-Server die erste Version des Kernels (0.01) eines neuen Betriebssystems zur Verfügung gestellt. Der Programmierer Linus Torvalds wollte das neue Betriebssystem eigentlich "FreaX" nennen, aber dem Administrator des Servers gefiel der Name nicht - und nannte es Linux.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Student, frustriert von den teuren und unflexiblen Betriebssystemen der damaligen Zeit. Sie beschließen, einfach zum Spaß Ihr eigenes zu schreiben. Was dann passiert, revolutioniert die gesamte Computerwelt: Die Geburtsstunde von Linux.

Genau vor 34 Jahren, am 5. Oktober 1991, legte ein junger finnischer Student namens Linus Torvalds die erste Version des Linux-Kernels (0.01) auf einem öffentlichen FTP-Server ab. Er nannte es, in Anlehnung an das System, an dem er sich inspirierte, "Freax" – eine Mischung aus "free", "freak" und dem Buchstaben "X", der an UNIX erinnert. Der Administrator des Servers war jedoch der Meinung, der Name "Linux" (eine Kombination aus Linus' Namen und UNIX) sei passender, und benannte das Verzeichnis kurzerhand um.

Der 17. September gilt seither als der Geburtstag von Linux, obwohl durchaus noch ein paar andere Termine diesen Ruhm für sich beanspruchen. Denn schon am 25. August schrieb Torvalds in einer Mail an die Minix-Newsgroup, dass er ein freies Betriebssystem für PCs entwickelt - und bat um Feedback. Für viele ist die erste öffentliche Erwähnung von Linux die eigentliche Geburtsstunde. Aber wir wollen nicht kleinlich sein - was seither aus der Version 0.01 erwachsen ist, lässt sich nur als globales Phänomen bezeichnen.

Vom Hobbyprojekt zum globalen Phänomen

Linux war von Anfang an anders. Torvalds veröffentlichte seinen Kernel unter der GNU General Public License (GPL), was bedeutete, dass jeder den Code sehen, verändern und weiterverbreiten konnte. Dieses Prinzip des Open Source war der Schlüssel zum Erfolg. Tausende von Entwicklern weltweit begannen, am Projekt mitzuarbeiten. Sie fügten neue Funktionen hinzu, korrigierten Fehler und portierten das System auf andere Hardware-Architekturen.

Der Kernel allein ist aber noch kein vollständiges Betriebssystem. Das Linux-Projekt profitierte enorm vom GNU-Projekt (GNU's Not Unix), das bereits eine Vielzahl an freien Software-Tools, wie den Compiler GCC und das Texteditor-Urgestein Emacs, entwickelt hatte. So entstand aus der Kombination von Linux-Kernel und GNU-Werkzeugen das, was wir heute als GNU/Linux kennen – ein vollwertiges, freies Betriebssystem.

Torvalds: Der Hüter der Pinguine

Linus Torvalds selbst ist eine faszinierende Persönlichkeit. Er gilt als brillant, aber auch als kompromisslos und direkt. Bis heute hat er die letzte Kontrolle über die Veröffentlichung neuer Kernel-Versionen. Seine E-Mail-Korrespondenzen, in denen er Entwickler für fehlerhaften Code schon mal harsch kritisiert, sind legendär. Er sieht seine Rolle als "benevolent dictator for life" – ein wohlwollender Diktator auf Lebenszeit. Diese Mischung aus technischer Genialität und scharfer Kritik hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Linux-Kernel eine der stabilsten und sichersten Software-Entwicklungen der Welt ist.

Trotz seines Erfolgs ist Torvalds auf dem Teppich geblieben. Er ist nicht in die Unternehmenswelt abgewandert, sondern hat sich stattdessen für einen Weg entschieden, der der Open-Source-Community treu bleibt. Sein Vermächtnis ist nicht nur ein Betriebssystem, sondern eine Kultur der Zusammenarbeit, die die IT-Welt für immer verändert hat.

Die Welt der Linux-Distributionen

Die Offenheit des Linux-Prinzips führte zu einer unglaublichen Vielfalt an sogenannten Distributionen (kurz: Distros). Eine Distribution ist ein komplettes Betriebssystempaket, das den Linux-Kernel, die GNU-Tools und eine Sammlung von Anwendungssoftware enthält. Sie sind auf unterschiedliche Anwendungsbereiche zugeschnitten:

  • Debian und Ubuntu: Die Familie um Debian und seine Derivate, insbesondere Ubuntu, ist extrem populär. Ubuntu hat Linux für Einsteiger zugänglich gemacht und wird von Millionen von Nutzern auf der ganzen Welt verwendet.
  • Fedora und Red Hat: Red Hat ist ein Pionier im professionellen Linux-Bereich und bietet kommerziellen Support für Unternehmen. Fedora dient als Testumgebung für neue Technologien, die später in Red Hat Enterprise Linux (RHEL) Einzug halten.
  • Arch Linux: Für die Tüftler unter uns. Arch Linux ist bekannt für seine minimalistische Installation, bei der man das System von Grund auf selbst aufbaut und konfiguriert.
  • Linux Mint: Eine benutzerfreundliche Alternative zu Ubuntu, die besonders bei Windows-Umsteigern beliebt ist.
  • Android: Ja, auch die meisten Smartphones basieren auf einem angepassten Linux-Kernel! Das ist wohl das eindrucksvollste Beispiel für die globale Verbreitung von Linux.
Doch gehen wir mal ins Detail:

1. Debian-Familie

Die Debian-Familie ist eine der ältesten und einflussreichsten. Sie ist bekannt für ihre Stabilität und das Paketverwaltungssystem .deb (mit Tools wie apt).

  • Debian: Das Original, bekannt für seine Stabilität und seinen "freien" Charakter.

  • Ubuntu: Sehr populär, besonders bei Einsteigern. Bietet eine benutzerfreundliche Oberfläche und regelmäßige, leicht installierbare Versionen.

  • Derivate von Ubuntu:

    • Linux Mint: Eine der beliebtesten Ubuntu-basierten Distributionen, bekannt für ihre einfache Handhabung und das klassische Desktop-Layout.

    • Pop!_OS: Von System76 entwickelt, optimiert für Entwickler und Gamer.

    • Zorin OS: Zielt darauf ab, Umsteigern von Windows oder macOS den Wechsel so einfach wie möglich zu machen.

    • elementary OS: Bekannt für sein elegantes, macOS-ähnliches Design (mit dem Pantheon-Desktop).

    • Knoppix: Eine der ersten Live-CD-Distributionen.

2. Red Hat-Familie (RPM-basierte Distros)

Diese Familie nutzt das .rpm-Paketformat. Red Hat Enterprise Linux (RHEL) ist der kommerzielle Marktführer.

  • Fedora: Dient als Testumgebung und Innovationsplattform für RHEL.

  • Red Hat Enterprise Linux (RHEL): Die kommerzielle Version, die vor allem in Unternehmen und Rechenzentren eingesetzt wird.

  • Community-Derivate von RHEL (Binär-kompatibel):

    • CentOS Stream: Die offizielle, von Red Hat unterstützte Community-Version.

    • Rocky Linux: Ein Nachfolger von CentOS, der von der Community getragen wird und 1:1 binär-kompatibel mit RHEL ist.

    • AlmaLinux: Eine weitere beliebte, von der Community entwickelte Alternative zu CentOS.

  • OpenSUSE: Eine eigenständige Distribution, die sich in zwei Versionen teilt: "Leap" (stabil, für Unternehmen) und "Tumbleweed" (Rolling Release, für Entwickler).

3. Arch-Familie

Bekannt für das "Rolling Release"-Modell, bei dem die Software ständig aktuell ist, anstatt feste Versionen zu veröffentlichen.

  • Arch Linux: Minimalistisch und hochgradig anpassbar. Setzt viel Konfigurationsarbeit vom Nutzer voraus.

  • Manjaro: Eine der beliebtesten Arch-Derivate, die Arch-typische Vorteile mit einer benutzerfreundlichen Installation und Konfiguration verbindet.

  • EndeavourOS: Ein weiterer populärer Arch-Ableger, der den Fokus auf Einfachheit und eine aktive Community legt.

  • Garuda Linux: Bietet eine visuell ansprechende, Performance-optimierte Arch-Installation.

4. Slackware-Familie

Die älteste noch aktiv gepflegte Linux-Distribution. Sie ist bekannt für ihre Einfachheit und den konservativen Ansatz.

  • Slackware: Für erfahrene Anwender, die ein System von Grund auf verstehen wollen. Sie vermeidet automatische Konfigurationen.

  • Salix OS: Eine auf Slackware basierende Distribution, die sich an der Stabilität orientiert.

  • Absolute Linux: Eine leichtgewichtige Slackware-Variante.

5. Gentoo-Familie

Hier wird der Großteil der Software nicht als fertiges Paket heruntergeladen, sondern direkt aus dem Quellcode kompiliert.

  • Gentoo: Sehr anspruchsvoll, aber bietet extreme Flexibilität und Optimierungsmöglichkeiten für die jeweilige Hardware.

  • Exoten wie Funtoo oder Calculate Linux sind weitere Ableger.

Exotische und Nischen-Distributionen

Neben den großen Familien gibt es Hunderte von Distributionen für spezielle Zwecke oder mit einzigartigen Philosophien.

  • Sicherheits- und Penetration-Testing-Distros:

    • Kali Linux: Der Standard für IT-Sicherheit.

    • Tails: Ein Live-System, das auf Anonymität und Datenschutz ausgelegt ist und den gesamten Internetverkehr über das Tor-Netzwerk leitet.

  • Minimalistische oder ressourcenschonende Distros:

    • Tiny Core Linux: Eines der kleinsten Linux-Systeme, mit wenigen Megabyte.

    • Puppy Linux: Extrem leichtgewichtig, kann auf älteren Computern oder als Rettungssystem verwendet werden.

    • Damn Small Linux (DSL): Einst sehr populär, wurde für Computer mit sehr wenig Arbeitsspeicher entwickelt.

  • Spezialisierte Distros:

    • Retropie: Verwandelt einen Raspberry Pi in eine Konsole für Retro-Spiele.

    • Recalbox: Ähnlich wie Retropie, aber mit einem anderen Fokus.

    • Kodibuntu: Speziell als Media Center konzipiert.

    • OpenELEC/LibreELEC: Minimalistische Systeme, die nur Kodi (ehemals XBMC) ausführen.

    • Linux From Scratch (LFS): Im Grunde keine Distribution, sondern eine Anleitung, wie man sein eigenes Linux-System aus dem Quellcode von Grund auf aufbaut.

  • Unabhängige Distributionen:

    • Void Linux: Verwendet ein eigenes Paketverwaltungssystem (xbps) und das runit-Init-System.

    • Solus: Entwickelt einen eigenen Desktop, "Budgie".

    • NixOS: Einzigartig in seinem deklarativen Konfigurationsansatz, bei dem man die Konfiguration des gesamten Systems in einer einzigen Datei festlegt.

Diese Liste ist trotzdem nur ein kleiner Ausschnitt und hat nicht den Anspruch auf Vollstöndigkeit. Die Welt der Linux-Distributionen ist riesig und bietet für jeden Anwendungsfall und jedes Interesse das passende System – von hochspezialisierten Server-Lösungen bis hin zu grafisch ansprechenden Systemen für den täglichen Gebrauch. Und obwohl Android den Linux-Kernel nutzt, ist es kein "normaler" Teil der Linux-Distributionsfamilie, wie wir sie kennen. Es hat sein eigenes, einzigartiges Ökosystem. Innerhalb dieses Ökosystems gibt es jedoch eine Vielzahl von Derivaten (Custom ROMs), die eine Art "Android-Familie" bilden, etwa LineageOS, GrapheneOS, /e/OS (eelo), CalyxOS oder Amazon Fire OS. Teilweise wurden diese Systeme ganz speziell für Sicherheits- und/oder Datenschutzanforderungen entwickelt.

Linux heute: Mehr als nur ein Nischenprodukt

Was als Hobbyprojekt begann, ist heute eine der wichtigsten Säulen der modernen IT. Linux ist überall zu finden:

  • Server und Cloud: Die Mehrheit der Webserver, Cloud-Infrastrukturen und Supercomputer weltweit laufen auf Linux. Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon vertrauen auf die Stabilität und Sicherheit des Systems.
  • IoT und Embedded Systems: Ihr Smart TV, Ihr Router und unzählige andere vernetzte Geräte nutzen einen Linux-Kernel.
  • Gaming: Dank Projekten wie Valve's Steam Deck, das auf einer speziellen Linux-Distribution läuft, ist Linux auch bei Gamern auf dem Vormarsch.

Gerade bei der Verwendung als Webserver-Software ist es schwierig, eine exakte Zahl der Linux-Installationen zu nennen, da die Statistiken und Methoden zur Messung des Marktanteils zum Teil deutlich variieren können. Allerdings gibt es recht verlässliche Schätzungen, die die dominante Stellung von Linux im Serverbereich klar belegen.

Laut einer weit verbreiteten Quelle (W3Techs), die die Technologien von Millionen von Websites analysiert, läuft der Großteil aller Webserver weltweit auf Linux. Oft wird eine Zahl von zwei Dritteln bis zu 90% genannt. Eine ältere Statistik spricht sogar davon, dass 96% der Webserver auf Linux laufen. Deutlicher kann die Dominanz von Linux im Server-Bereich kaum sein.

  • Server und Cloud-Infrastrukturen: Die überwiegende Mehrheit der Webserver, Cloud-Computing-Plattformen (wie Amazon Web Services, Google Cloud oder Microsoft Azure) und Supercomputer nutzen Linux-basierte Betriebssysteme.
  • Großunternehmen: Technologieriesen wie Google, Facebook und Amazon setzen fast ausschließlich auf Linux für ihre Infrastruktur, da es Stabilität, Sicherheit und Skalierbarkeit bietet.

Während Linux auf Desktop-Computern (also den PCs, die wir zu Hause nutzen) noch einen relativ kleinen Marktanteil hat, ist es im professionellen Server-Umfeld das unangefochtene Betriebssystem der Wahl.

Vor allem aber ist Geschichte von Linux eine Geschichte des Glaubens an die Macht der Gemeinschaft. Sie zeigt, dass die besten Ideen nicht immer in sterilen Konferenzräumen von Großkonzernen, sondern manchmal in den Hobbyprojekten einzelner Menschen entstehen. Und so bleibt der kleine Pinguin, Tux, das Maskottchen des Systems, ein Symbol für Freiheit, Zusammenarbeit und die grenzenlosen Möglichkeiten der Open-Source-Welt.

Es ist erstaunlich zu sehen, wie sich ein solch kleines Projekt zu einem so globalen Phänomen entwickelt hat, das unser tägliches Leben im Hintergrund so maßgeblich beeinflusst. Und das alles, weil ein Student vor 34 Jahren dachte: "Das kann ich besser."

17.09.2025

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