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Gütesiegel für KI
Die Deutschen und ihre Gütesiegel. Nach fair gehandeltem Kaffee, bio-gelegten Hühnereiern und ethisch berechnetem Platzbedarf für Schweine kommt jetzt das Zertifikat für künstliche Intelligenz. Mit dem haben sich rund 50 deutsche Tech-Unternehmen auf einen gemeinsamen Nenner bei ethischen Grundwerten geeinigt.
50 deutsche Technikfirmen, die im Bundesverband KI zusammengefasst sind, haben ein Gütesiegel für Künstliche Intelligenz eingeführt. Das neue Zeichen soll die Einhaltung von ethischen Grundwerten garantieren sowie dem sicheren und datenschutzkonformen Umgang mit Nutzerdaten sicherstellen. Zudem solle die Entwicklung der künstliche Intelligenz transparent und offen gestaltet werden - so der Verband am Sonntag.
Das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine ist insbesondere bei den Deutschen schon immer ein wenig ambivalent. Zum einen ist unser Völkchen technikverliebt bis zur Besessenheit, zum anderen eint uns die Angst vor Neuem und Unbekannten. Insbesondere befürchten nicht wenige Landsleute einen totalen Kontrollverlust, wenn immer mehr und immer anspruchsvollere Aufgaben in die Hände von Computern gelegt und Algorithmen anvertraut werden. Von denen oftmals noch nicht einmal die Entwickler wirklich wissen, was und wie die genau rechnen - und uns das oftmals auch nicht sagen wollen. Verständlich - der Feind hört mit. Und das müssen nicht immer die Wettbewerber aus China sein.
Viele, auch technikaffine Ingenieurscharaktere haben zum Teil nicht unberechtigte Zweifel, dass die Systeme der Zukunft ethischen Grundsätze verpflichtet sind. Also muss Vertrauen geschaffen werden, es muss mehr Offenheit und Information her. Künstliche Intelligenz - wie wir sie wohl künftig in allen Lebensbereichen antreffen werden - soll "das Interesse der Menschen ins Zentrum zu stellen" und sich an den "europäischen Grundwerten Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit" orientieren.
Das neue Gütesiegel soll diese Selbstverpflichtung untermauern. Wie das in der Praxis konkret umgesetzt werden soll, darüber schweigt sich der Bundesverband aber erst einmal aus. Und ob das im Einzelfall umfassend funktioniert, darf bezweifelt werden - viele der mehr als 1000 Gütezeichen in Deutschland sind nichts weiter als Lippenbekenntnisse oder noch schlimmer: Verbrauchertäuschung. Und wie sollen Staaten, Gesellschaften, Konzerne und Organisationen verpflichtet werden, sich mit ihrer intelligenten Technik an das Grundgesetz und die UN-Menschenrechtskonvention zu halten - denen das im analogen Leben schon reichlich egal ist?
Der Bundesverband KI jedenfalls wünscht sich, dass das Gütesiegel ein Markenzeichen wird und sieht das Label als "Stärke des Standorts Deutschland" - so Jörg Bienert, Vorstand des Bundesverbands KI. Tatsächlich könnten deutsche Entwickler damit Vorreiter bei der Implementierung neuer Technologien und der Herstellung lernender Systeme werden - etwa gegenüber nicht ganz so sensibel eingestellter Konkurrenz aus USA und Fernost. Das hieße aber auch, dass sich die selbst entworfenen Richtlinien ausformuliert in der nationalen Wirtschaftsgesetzgebung wiederfinden müssen - und in absehbarer Zeit auch in europäisches Recht überführt werden. Damit die schwarzen Schafe angemessen sanktioniert werden können, sollte es notwendig sein.
Achja: Über die optische Ausgestaltung des Hirnscheiben-Siegels müssen wir auch noch mal reden...
25.03.2019
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