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Deutsche skeptisch gegenüber E-Scootern
Überall in Europa brettern Elektroroller über Straßen, Rad- und Fußwege. Die Unfallzahlen halten sich in Grenzen, denn in anderen Ländern scheint man den 1. Paragraphen der deutschen Straßenverkehrsordnung wohl eher verinnerlicht zu haben, der da heißt: "Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird."
So so... Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme. ROFL. Doch nicht in Deutschland, wo das Zentralkomitee der Bedenkenträger die Deutungshoheit über alles und jeden inne hat - und SUV-Muttis, Volvo-Oberlehrer und Radl-Rambos alle Verkehrswege für sich beanspruchen. Klar, da sind E-Scooter-Fahrer die natürlichen Fressfeinde.
Wie immer lösen Innovationen hierzulande erst einmal Geschrei aus und sehr bald folgt der Ruf nach strenger Regulierung. Auch bei Elektro-Tretrollern und E-Scootern machen die Germanen da keine Ausnahme. Wie das Meinungsforschungsinstitut YouGov herausgefunden hat, stehen die meisten Deutschen der gar nicht mehr so neuen Fortbewegungstechnik eher skeptisch gegenüber. Meine Güte, was da alles passieren kann! 57 Prozent der Befragten bewerteten die E-Roller-Gefährte als "schlecht", demgegenüber stehen 38 Prozent, die die Teile gut oder sehr gut finden. 5 Prozent hatten dazu keine Meinung.
Auf die Frage einer baldigen Anschaffung eines elektrisch betriebenen Tretrollers antworteten 77 Prozent mit "bestimmt nicht" oder "wahrscheinlich nicht", nur 2 Prozent der Befragten wollen sich einen E-Scooter zulegen.
Bei Leihfahrzeugen sehen die Ergebnisse ganz ähnlich aus, die Berührungsängste scheinen ähnlich groß wie bei anderen Innovationen, die durchaus dazu beitragen könnten, dem Verkehrskollaps ein Schnäppchen zu schlagen.
Auch die deutsche Regelwut kennt keine Grenzen, letzten Samstag trat die "Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr" für Deutschland in Kraft. Nun ist in Stein gemeißelt, wie Tretroller aussehen und funktionieren müssen - und wo sie fahren dürfen. Denn das ist längst nicht überall erlaubt und auch nicht alle Altersklassen dürfen auf einen hippen Roller umsteigen - unter 14 sollte man sich nicht erwischen lassen. Diejenigen, die schon seit Jahren mit ihrem Chinagefährt über deutsche Straßen rollen, dürfen das jetzt nicht mehr. Ja, E-Tretroller sind Kraftfahrzeuge im Sinne der Straßenverkehrsordnung - brauchen also eine Versicherungsplakette und eine amtliche Zulassung. Wird man ohne erwischt, drohen empfindliche Bußgelder.
Natürlich sind auch die zu verwendenden Fahrwege akribisch festgelegt. Fußwege sind tabu, E-Rollern dürfen nur auf Radwegen und der Straße fahren - das aber auch nur, wenn es keinen Radweg gibt. Auch die Geschwindigkeit ist gesetzlich begrenzt: Schneller als 20 km/h dürfen die Flitzer nicht unterwegs sein. Die Motorleistung darf 500 Watt nicht überschreiten, ausgenommen "selbstbalancierende Fahrzeuge" - deren Antrieb darf mit bis zu 1400 Watt werkeln. Schneller dürfen Sie aber auch nicht sein. Die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit sorgt immerhin dafür, dass von einer Helmpflicht Abstand genommen wurde. Doch gerade in Großstädten versteht es sich von selbst, dass man - egal ob Fahrrad oder E-Scooter - mit einer gut durchlüfteten Plastikschüssel auf dem Kopf unterwegs ist.
Viele, die der Umfrage zum trotz geplant hatten, sich einen Roller zuzulegen, werden nun wohl erst einmal abwarten. Schade, dass ein innovatives Verkehrskonzept erst einmal wieder ausgebremst wird.
Dann müssen wir vorerst auf Transrapid, Flugtaxis und autonom/elektrisch fahrende Kleinwagen ausweichen.
Moment mal...
Foto: Denniz Futalan
18.06.2019
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