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Die Nerven liegen blank: Google arbeitet mit Hochdruck an einer neuen KI-gesteuerten Suchmaschine
Jahrelang hat sich die Google-Chefetage auf ihren Lorbeeren ausgeruht. Die Einnahmen waren gigantisch und sicher und bescherten der Mutter aller Suchmaschinen ein unangefochtenes Alleinstellungsmerkmal. Das änderte sich abrupt, als Ende letzten Jahres ChatGPT für die Öffentlichkeit freigegeben wurde - seither wird das Brot-und-Butter-Geschäft von Google so stark bedroht wie noch niemals zuvor.
Nun ist man in Mountain View in hektische Betriebssamkeit verfallen, vor allem auch, weil Microsoft ChatGPT in seinen Browser Bing integriert hat - und der eigene Bot Bard nicht wirklich überzeugen konnte. Und nun will auch noch Samsung abspringen, die Google-Suche aufgeben und stattdessen Bing als Standardsuche in sein Betriebssystem integrieren. Das würde Google mehr als 3 Milliarden Dollar an Einnahmen pro Jahr kosten, wie die New York Times zu berichten weiß.
Das sind doch mal Hiobsbotschaften. Und so arbeitet Google LLC Berichten zufolge fieberhaft an der Einführung neuer, auf künstlicher Intelligenz basierender Funktionen in seiner Suchmaschine - genau genommen handelt es sich dabei wohl um eine völlig neue, KI-gesteuerten Suchmaschine. Zudem soll auch die bestehende Suchtechnologie mit KI-Funktionen angereichert werden.
Internen E-Mails zufolge, die der Times vorliegen, will Google die hauseigene Suchmaschine im Rahmen eines Projekts namens "Magi" auf den neuesten Stand bringen. Es heißt, dass etwa 160 Google-Mitarbeiter unter Hochdruck in "Sprint Rooms" daran arbeiten, der Google-Suche neue, KI-gestützte Funktionen zu spendieren.
Zu den neuen Features gehört u.a. ein neuer Dienst, der versuchen wird zu antizipieren, wonach Nutzer suchen, bevor sie suchen, als Teil einer "personalisierten" Erfahrung. Allerdings hat das Projekt von Google keinen klaren Zeitplan, so dass nicht klar ist, wann die Funktionen eingeführt werden könnten - bis dahin wird wohl die Konkurrenz wieder ein paar Schritte weiter sein.
Weitere geplante Neuerungen, die sich derzeit in verschiedenen Entwicklungsstadien befinden, gehört eine Chrome-Funktion namens "Searchalong", die die vom Nutzer gelesene Webseite scannt, um kontextbezogene Informationen anzubieten. Wenn der Nutzer also auf Airbnb nach einer Unterkunft sucht, könnten auch Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten in der Nähe dieses Ortes angeboten werden. Zudem arbeitet Google an einem speziellen Chatbot, der in der Lage sein wird, Fragen zur Softwaretechnik zu beantworten und Codeschnipsel zu generieren. Ein zweiter Chatbot soll Menschen bei der Suche nach Musik helfen. Weitere experimentelle Funktionen wie "GIFI" und "Tivoli Tutor", mit denen die Google-Bildersuche aufgefordert werden kann, Bilder zu generieren, sollen ebenfalls in Vorbereitung sein. Bemerkenswert ist, dass viele dieser Funktionen nicht ganz neu sind - und Mitbewerber derlei Funktionen bereits im Angebot haben. Die Bilderzeugung kennen wir bereits aus "Slides", während Tivoli Tutor sehr nach der Lern-App von Duolingo Inc. klingt.
In einem Interview sagte Analyst Charles King von Pund-IT Inc., dass die panische Reaktion von Google und die offensichtliche Eile bei der Verbesserung seiner Suchmaschine deutlich macht, wie kaputt das werbebasierte Suchmodell inzwischen ist. "Früher basierte der Wert einer Suchmaschine auf der Qualität der Ergebnisse, die sie lieferte, aber heute ist es sehr wahrscheinlich, dass die ersten fünf oder zehn Ergebnisse, die Sie für eine beliebige Suche sehen, aus gesponserten Werbelinks bestehen", so King. Dennoch wäre er überzeugt, dass Google in der Lage sei, neue KI-basierte Tools zu liefern, die mindestens gleichwertig, wenn nicht besser als die von Microsoft sind.
"Die Geschichte der Tech-Industrie ist voll von Geschichten über einst unaufhaltsame Unternehmen, die von flinkeren und fortschrittlicheren Konkurrenten abgehängt wurden", so King. "Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als der Microsoft Explorer den Browsermarkt so sehr dominierte, dass das Unternehmen erfolgreich aus kartellrechtlichen Gründen angefochten wurde? Dann kam Google Chrome auf den Markt. Vielleicht ist dies nur die jüngste Geschichte von what goes around, comes around".
Holger Müller von Constellation Research Inc. ist da optimistischer und prophezeit, dass eine völlig neue Suchmaschine auf der Grundlage generativer KI der nächste große Schritt in der Suchtechnologie ist und Google dabei eine zentrale Rolle spielt. "Gleichzeitig sind die kommenden angekündigten Updates ein guter Schritt, um sich gegen die neuen KI-Fähigkeiten von Microsoft Bing abzusichern", so der Analyst. "Allerdings muss Google in jedem Fall vorsichtig sein, da noch nicht abzusehen ist, ob generative KI die Sucherfahrung wirklich verbessern wird."
Der Times zufolge plant Google, "Magi" im nächsten Monat vorzustellen, bevor im Herbst weitere neue Funktionen folgen. Möglicherweise werden die Details auf der Google I/O 2023 am 10. Mai enthüllt. Zunächst sollen die Funktionen von "Magi" einer Testgruppe von 1 Million Menschen angeboten werden, bevor die Verfügbarkeit bis Ende des Jahres auf 30 Millionen Nutzer erweitert wird.
Ich werde jedenfalls das Gefühl nicht los, dass wir in ähnlichen Zeiten leben wie damals, als die Google Suchmaschine fest gemauerte Giganten wie Lycos, Altavista, Excite, Fireball und Yahoo binnen Wochen zum Einsturz brachte - aber dieses Mal ist es genau umgekehrt.
17.04.2023
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